Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) gibt in ihrem Gutachten Digitalisierung im Bildungssystem Handlungsempfehlungen von der Kita bis zur Hochschule. Sie sieht weiteren Handlungsbedarf bei Digitalisierung des Bildungssystems

Die Ständige Wissenschaftliche Kommission hat am 19.09.2022 gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz (KMK) ihr Gutachten Digitalisierung im Bildungssystem vorgestellt. Darin macht sie einen großen Handlungsbedarf aus bei der Anpassung von Bildungsinhalten, der Entwicklung forschungsbasierter Lernmaterialien in nachhaltigen Strukturen sowie der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften. In dem Gutachten empfiehlt die Kommission Maßnahmen für Kita, Schule, berufliche Bildung, Lehrkräftebildung und Hochschulbildung.

„Um das Bildungssystem in unserer digitalisierten Welt weiterzuentwickeln, sind trotz aller Fortschritte auch weiterhin enorme Kraftanstrengungen nötig. Gerade deshalb sollte sich die Bildungspolitik auf allen Ebenen auf einen langfristigen, gemeinsamen Entwicklungsplan einigen und Etappenziele festlegen“, fasst Prof. Dr. Olaf Köller, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaft und Mathematik (IPN) und Co-Vorsitzender der SWK, die Empfehlungen zusammen.

Bildungsinhalte verändern: digitale Kompetenzen und Pflichtfach Informatik
In ihrem Gutachten kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Vermittlung digitaler Kompetenzen und Informatikinhalte noch nicht ausreichend in den Bildungsplänen verankert sind. Für den frühkindlichen Bereich empfiehlt die SWK, digitale Bildung verpflichtend in die Bildungspläne aller Länder aufzunehmen. So gibt es Belege, dass der Einsatz von Apps in den einzelnen Bildungsbereichen lernförderlich ist, z. B. für dialogisches Vorlesen oder digitale Mikroskope im naturwissenschaftlichen Bereich, wenn sie didaktisch sinnvoll eingesetzt werden. In der Grundschule sollten Informatikinhalte, etwa die Funktionsweise von Robotern, im Sachunterricht vorkommen. Ab der fünften Klasse schlägt die Kommission Informatik als Pflichtfach in allen Ländern ab dem Schuljahr 2024/25 vor. Die berufliche Bildung sollte angehende Fachkräfte in allen Berufen stärker dafür ausbilden, technologische Entwicklungen zu durchschauen und entsprechend zu handeln. Dafür sollten enge Berufszuschneidungen aufgelöst werden. Auch für den so genannten Übergangssektor, der auf eine spätere Ausbildung vorbereitet, rät die Kommission, die Vermittlung digitaler Kompetenzen so zu verankern, dass die Bildungsgänge anschlussfähig sind für die reguläre Berufsausbildung.

Forschungsbasierte Lernmaterialien entwickeln, dauerhafte Strukturen schaffen
Weiterhin empfiehlt die SWK die dauerhafte Einrichtung bzw. den Ausbau länderübergreifender Strukturen in Form von Zentren für digitale Bildung (ZdB). Sie sollen Material für unterschiedliche Schulformen und -stufen entwickeln, bereitstellen, Schulen bei deren Einsatz begleiten und die Länder bei der Entwicklung und Implementierung von Fortbildungsprogrammen für Lehrkräfte unterstützen. Für die berufliche Bildung und die Hochschulen sollten länderübergreifende Strukturen diese Aufgabe ebenfalls stärker übernehmen. „Es kann nicht sein, dass jede einzelne Lehrkraft oder jeder einzelne Dozierende Materialien erstellen und didaktische Fragen ebenso berücksichtigen muss wie Fragen des Datenschutzes und der Urheberrechte. Sie sollten auf geprüfte und didaktisch sinnvolle Materialien zugreifen können“, fordert Prof. Dr. Ulrike Cress, Direktorin des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM), Mitglied der SWK und AG-Vorsitzende für das Gutachten.

Professionalisierung des Bildungspersonals
„Im Feld der Digitalisierung hat die Professionalisierung des Bildungspersonals unter den Bedingungen des Fachkräftemangels einen herausragenden Stellenwert. Die Empfehlungen der Kommission zielen drauf, zentrale digitalisierungsbezogene Inhalte verbindlich in der Aus- und Fortbildung zu verankern und gleichzeitig konkrete Fortbildungsprogramme und -maßnahmen zu verstetigen bzw. aufzulegen“, erklärt Olaf Köller weiter.

Die Empfehlungen auf einen Blick
Empfehlungen für die frühe Bildung in der Kita
- Digitale Medienbildung als Bildungsziel in die Rahmen- und Orientierungspläne aufnehmen
- Infrastruktur schaffen und Lehr-Lernmaterialien zur Verfügung stellen
- Aus- und Weiterbildung des frühpädagogischen Bildungspersonals
Empfehlungen für allgemeinbildende Schulen
- Dauerhafte Einrichtung länderübergreifender Zentren für digitale Bildung (ZdB)
- Einführung eines (Pflicht-)Faches Informatik und entsprechender Lehrkräfteausbildung in allen Ländern
Empfehlungen für die berufliche Bildung
- Modernisierung der Bildungsziele und Curricula
- Weiterentwicklung des Prüfungswesens
- Stärkung der Wissenschaftsorientierung durch den Aufbau einer Struktur aus Clearing, Transfer und Leading Houses
Empfehlungen für die Lehrkräftebildung
- Implementation digitalisierungsbezogener Inhalte und mediendidaktischer Inhalte sowie informatischer Grundlagen in der Lehrkräftebildung
- Strukturelle Weiterentwicklung der hochschulischen Lehrkräfteausbildung
- Strukturelle Stärkung der Lehrkräftefortbildung und eine stärker wissenschaftsorientierte Ausrichtung
Empfehlungen für die Hochschulbildung
- Stärkung digitaler Kompetenzen bei Studierenden und Dozierenden
- Technische, räumliche, fachdidaktische und rechtliche Strukturen aufbauen und verstetigen
- Standortspezifische und hochschulübergreifende Lehr- und Digitalisierungsstrategien entwickeln

Eine Zusammenfassung des Gutachtens gibt es hier: Gutachten Digitalisierung in der Bildung – 2022 (kmk.org)
Die Langfassung des Gutachtens ist hier verfügbar:.Gutachten Digitalisierung in der Bildung – 2022 (kmk.org)
(Quelle Text: vgl. KMK)